Haushaltsrede von Jürgen Walter, Fraktionsvorsitzender der SPD Ratsfraktion Selm.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister
Sehr geehrte Frau Engemann
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen
Meine Damen und Herren
In meiner letzten Haushaltsrede habe ich schon deutlich gemacht, in welcher schwierigen Finanzsituation sich die Städte und Gemeinden in unserem Land NRW befinden – und das Bund und Land ihren Verpflichtungen nicht ausreichend nachkommen und daran hat sich bis heute aus meiner Sicht nichts geändert.
Für das laufende Jahr prognostizieren die Experten in NRW ein negatives Finanzierungssaldo von ca. 13 Milliarden Euro und bis 2027 wird sich das Defizit auf mehr als 40 Milliarden Euro erhöhen.
In NRW rechnet man in diesem Jahr nur noch bei 18 von 396 Kommunen mit einem strukturell ausgeglichenen Haushalt.
Hier ist erkennbar, die Kommunen sowie die Stadt Selm sind mit ihrer wachsenden Finanznot völlig überfordert.
Die Sozialkosten, die eigentlich gar keine originären kommunalen Aufgaben sind, machen mittlerweile in den kommunalen Haushalten eine Größenordnung aus, die nicht mehr gestemmt werden können.
Es muss ein Ende haben, dass Land und Bund den Kommunen immer weitere finanzielle Aufgaben erteilen.
Wenn man sich die parlamentarischen Debatten anhört, erkennt man, dass parteiübergreifend eine Einigung herrscht, dass die Kommunen in der Zukunft handlungsfähig sein müssen.
Aber was nutzt uns die Einsicht und Einigkeit, wenn nicht ausreichend gehandelt wird.
Und deshalb werde ich auch weiterhin auf die Situation der Unverantwortlichkeit von Bund und Land hinweisen und kritisieren.
Auch hatte ich bereits in meiner letzten Haushaltsrede, Maßnahmen benannt, die zu einer finanziellen Entlastung der Kommunen beitragen, damit eine Grundsteuererhöhung für Bürgerinnen und Bürger sowie Gewerbetreibende verhindert werden muss.
Also was spricht dagegen, dass das Land endlich die Zuweisungen im Gemeindefinanzierungsausgleich erhöht und den Verbundsatz wieder anhebt?
Was spricht dagegen, dass die Landesregierung den Kommunen ausreichend finanzielle Mittel zur Bewältigung der aktuellen Sonderlasten zur Verfügung stellt, die aus der Pandemie und dem Ukraine Krieg entstanden sind?
Was spricht dagegen, den Stärkungspakt Stadtfinanzen, sowie die Umsetzung der versprochenen Altschulden als Lösung für die bedürftigen Kommunen endlich durch Bund und Land umzusetzen?
Und deshalb sollte es das Ziel der Kommunalpolitik sein, weiterhin den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen, hier müsste aus meiner Sicht viel mehr der Protest aus der Basispolitik kommen.
Ich kann auch keinem Bürger mehr erklären, dass es in diesem Land trotz der Rekord Steuereinnahmen nicht möglich ist, unsere elementaren Aufgaben für das kommunale Gemeinwesen zu erfüllen.
Vielleicht fehlt den Verantwortlichen der nötige Wille, weil man der Meinung ist, -die Kommunen sollen sich selber helfen, in dem einfach die Entscheidung zur Anhebung der Grundsteuer getroffen wird.
Und deshalb sind Aussagen in einer Ratssitzung im letzten Jahr: Wir müssen uns selbst helfen, in der Sache nicht zielführend da die Defizite, in dieser Größenordnung nicht aufgefangen werden können.
Auch kenne ich keine Vorschläge, wie wir uns selber aus der Verschuldung retten können und ich sage es nochmal ganz deutlich, ohne eine entsprechende Gemeindefinanzierung und Umsetzung der bereits von mir genannten Vorschläge von Maßnahmen, werden wir ein Debakel erleben.
Komme ich zur Haushaltssituation
Der Selmer Haushalt bleibt auch weiterhin eine Herausforderung mit dem Ziel genau abzuwägen, was ist zu tun, um Bürgerinnen und Bürger nicht weiterhin zu belasten und trotzdem die notwendigen Dinge für unsere Stadt zu erfüllen.
Unsere Handlungsfähigkeit spielt hierbei eine wesentliche Rolle, damit wir hier in unserer Stadt Selm die wichtigen Entscheidungen weiterhin treffen können.
Die Herausforderungen sind bekannt, Sparsamkeit an den richtigen Stellen und die Aufgaben weiter wirtschaftlich wahrnehmen.
Der Entwurf des Doppelhaushaltes 2025/2026 ist hierzu eine Basis.
Der Ergebnisplan für dieses Jahr sieht ein Minus von ca. 2,1 Millionen Euro vor, bei Erträgen von fast 97 Millionen Euro und Aufwendungen von ca. 99 Millionen Euro und im Ergebnis für 2026 ein Minus, von ca. 1,9 Millionen Euro.
Damit haben wir eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr von ca. 1,8 Millionen Euro und für das nächste Jahr ca. 300.000, -Euro, was aber nicht zufriedenstellend ist.
Zu den Gesamterträgen ist zusagen, diese wachsen in diesem Jahr im Vergleich zum letzten Jahr um 6,5 %, das trotz Risiko erfreulich ist und die Gesamtaufwendungen wachsen dieses Jahr ca. 3,3 %, was weniger erfreulich ist.
Die Aufwendungen werden sich verändern und die Transferaufwendungen gerade, was die Kreisumlage angeht, wird in den nächsten Jahren weiterhin eine große Belastung für uns werden.
Für Auszahlungen für Investitionen, haben wir für dieses Jahr, rund 9,6 Millionen Euro vorgesehen und Einzahlungen aus Zuwendungen und sonstigen Einzahlungen von 4,6 Millionen Euro, mit einem negativen Saldo von ca. 5 Millionen Euro.
Im nächsten Jahr liegen wir bei knapp 20 Millionen Euro, die zur Auszahlung stehen, fatal ist hier, dass wir nur Einzahlungen von 5,5 Millionen Euro haben, der negative Saldo von 14,2 Millionen Euro macht es mit Hinblick auf unsere vorgesehenen Investitionen, nicht einfacher.
Handlungsfähig zu sein, bedeutet aber auch die notwendigen Investitionen umzusetzen, dazu haben wir gemeinsam die Prioritäten festgelegt
Doch die großen Investitionen liegen in den Erweiterungsbauten an der Ludgerischule in Selm und die Äckernschule in Bork.
Aber auch zur Grundschule in Cappenberg wird in diesem Jahr, eine Planung erfolgen.
Nicht akzeptabel ist, dass wir bei diesen Investitionen der Schulen, die einen zweistelligen Millionenbetrag kosten werden, nur 1,1 Millionen Euro Schulträgerbudget aus dem Ganztagsförderungsgesetz bekommen und keine weiteren Förderungen zu erwarten sind.
Trotzdem sind Investitionen notwendig, was die Sicherheit in unserer Stadt angeht, dazu gehören auch die Sanierungen der Pumpkraftwerke sowie die Kanalsanierungen und Straßenbaumaßnahmen, hier den Rotstift anzusetzen wäre aus meiner Sicht völlig falsch.
Herr Bürgermeister,
Frau Kämmerin,
Meine Damen und Herren
Das leidige Thema der Verschuldung wird auch in den nächsten beiden Jahren weiter ansteigen und muss deshalb auch angesprochen werden.
Durch die Aufnahme von neuen Liquiditätskrediten und unter der Berücksichtigung der Tilgungsleistungen, wird die Neuaufnahme von Krediten in den nächsten beiden Jahren, die Verschuldung um insgesamt 15,8 Millionen Euro erhöhen.
Die bittere Tatsache ist, dass in unserer Stadt bis Ende 2026 die Gesamtverschuldung auf ca. 124 Millionen Euro ansteigen wird.
Wir sprechen hier von rund 39 Millionen Euro Liquiditätskrediten und rund 85 Millionen Euro Investitionskrediten.
Diese Schuldenentwicklung, mit den damit verbundenen Zinslasten, wird uns weiter in eine stetig wachsende Verschuldung bringen.
Und hier erinnere ich an die Worte unserer Kämmerin: die Zinslasten müssen reduziert werden und die strukturelle Unterfinanzierung langfristig beendet werden, nur dann kann dauerhaft eine Entlastung erfolgen.
Deshalb denke ich: Wenn Bund und Land es mit der Handlungsfähigkeit der Kommunen wirklich ernst meinen, müssen in naher Zukunft die finanziellen Unterstützungen umgesetzt werden.
Jeder hier der sich ernsthaft mit der Realität unserer Verschuldung beschäftigt, weiß ganz genau, dass wir uns aus eigenen Anstrengungen nicht nachhaltig helfen können.
Da reicht auch unsere momentane allgemeine Rücklage von ca.6 Millionen Euro nicht aus, was das Eigenkapital betrifft, sie wird sehr wahrscheinlich Ende des Jahres 2027 aufgebraucht sein.
Zu den Prognosedaten aus Oktober letzten Jahres, die 2 Millionen Euro besser ausfielen, ist aus meiner Sicht abzuwarten, wie sich das Eigenkapital tatsächlich entwickeln wird.
Komme ich zu einem anderen Thema
Das Image unserer Stadt ist ein wichtiger Punkt um den Anreiz für Unternehmen, Investoren und neuen Bürgerinnen und Bürger zu schaffen
Selm hat sich gerade in den letzten Jahren zu einer lebenswerten Stadt entwickelt, ob neue Baugebiete oder Firmenansiedlungen oder auch die neuen Sporthallen und vieles mehr.
Die Idee eine Stadtmarke zu entwickeln, hätte mit Sicherheit auch einen positiven Effekt gehabt, nämlich Unternehmen mit all den positiven Dingen unserer Stadt zu überzeugen, hier zu investieren.
Im Übrigen haben die Vertreter der meisten Fraktionen und Verwaltung in einer Klausur in Haltern die Idee eine Stadtmarke zu entwickeln, für gut befunden.
Das wir dieses Thema nicht mehr weiterverfolgen, ist ein Fehler und wir als SPD-Fraktion, werden das Thema Stadtmarke wieder zur Diskussion bringen.
Das, was Selm ausmacht, sollten wir auch deutlich machen.
Deutlich machen möchte ich auch, den Unmut meiner Fraktion, was das Thema der Buslinie R19 betrifft.
Ein Wegfall dieser Busverbindung in unsere Nachbarstadt Lüdinghausen ist schlichtweg unverantwortlich gegenüber den Nutzern dieser Linie.
Viele Selmer Bürgerinnen und Bürger nutzen diese Busverbindung, für Krankenhausbesuche, Besuche von Fachärzten oder zum Einkauf.
Das Angebot einer Zugverbindung ist nicht ausreichend, weil der Bahnhof in Lüdinghausen nicht im Zentrum liegt.
Deshalb ist diese Alternative nicht zu Ende gedacht, gerade im Hinblick auf ältere und behinderte Menschen.
Die Selmer SPD hat sich für den Erhalt dieser Buslinie mit einer Unterschriftenaktion eingesetzt und erwartet von den Verantwortlichen, dass diese Linie erhalten bleibt.
Ich bin heute guter Dinge, das man in der Sache eine gute Lösung finden wird und die Linie weiterhin genutzt werden kann.
Ein Thema möchte ich aber nicht unkommentiert lassen, das Thema Windenergie verbunden mit Windkraftflächen für die Planung der kommunalen Wärmeplanung in Selm.
Die Empfehlung oder Planung von weiteren Windkraftflächen direkt an den Selmer Ortsgrenzen, hält meine Fraktion mit Hinblick auf die Neureglung der Grenzabstände mit viel zu geringen Abständen zu Wohnbereichen, für unverantwortlich.
Die Belastungen der Rotorgeräusche, Schattenflimmern Windschlaggeräusche und ein ständiges Rotlichtblinken beeinträchtigt Anwohner stark in ihrer Wohn -und Lebensqualität.
Da uns aber Windenergie auch für den Strombedarf der kommunalen Wärmeplanung wichtig ist, sollten alternative Lösungen gefunden werden, auch für den allgemeinen zukünftigen Mehrbedarf an Strom.
Hierzu schlage ich vor, über ein interkommunales Projekt einer entsprechenden Windkraftfläche nachzudenken, mit dem Ziel auch mehr finanzielle Vorteile für unsere Stadt.
Ich bin mir absolut sicher, dass es hier durchaus Lösungen gibt, andere Städte und Gemeinde sind schon in der Umsetzung.
Auch könnte ich mir hierzu, einen Arbeitskreis aus Politik, Verwaltung und Kreis vorstellen.
Herr Bürgermeister,
Frau Kämmerin,
Meine Damen und Herren,
Die SPD-Fraktion sieht auch im Hinblick auf die Kommunalwahlen in diesem Jahr einen Doppelhaushalt für 2025 und 2026 zu beschließen, als richtig an.
Auf Grund der schwierigen Haushaltssituation in unserer Stadt, gerade was den nächsten Jahren betrifft, sind die jetzigen Ratsvertreter mit der aktuellen Haushaltsituation und dem Haushaltssicherungskonzept ausgiebig informiert und deshalb auch im Thema.
Die eventuellen neuen Ratsmitglieder können nur von den von uns beschossenen Haushaltsmaßnahmen und Beschlüsse profitieren.
Die Verabschiedung des Doppelhaushaltes hat mit Blick auf das Haushaltsjahr 2026 dann den Vorteil, dass es keine vorläufige Haushaltsführung geben muss und die Haushaltsmittel, gerade für Investition, bereits von Beginn an zur Verfügung stehen.
Komme ich jetzt zum Schluss meiner Haushaltsrede.
Die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Selm wird, was die Zukunft unserer Stadt betrifft, weiterhin verantwortungsvoll im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger entscheiden und handeln.
Wie schon in der Vergangenheit werden wir auch künftig mit Ihnen, Herr Bürgermeister und Ihnen, Frau Kämmerin und mit allen Ratsvertretern Verantwortung für unsere Stadt übernehmen.
Die SPD-Fraktion wird dem Doppelhaushalt mit den dazu gehörenden Anlagen sowie dem Haushaltsicherungskonzept zustimmen.
Unser ausdrücklicher Dank gilt Ihnen, Frau Kämmerin und Ihrem Team für die Aufstellung des Haushaltsplans
Dem Bürgermeister danke ich ganz besonders für seine Engagement und die gute Arbeit für unsere Stadt Selm und den Verwaltungsmitarbeiter danke ebenfalls für die gute Zusammenarbeit.
Mein letzter Satz geht auch heute wieder an meine Fraktion
Vielen Dank für die gute und konstruktive Zusammenarbeit.
Danke!!!!!